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Medizinschrank für die Seele oder „Die heilsame Kraft des Schreibens“

Beitrag von Alexandra Peischer

In diesen außergewöhnlichen Zeiten kann einem schon manchmal der Kopf rauchen. Oder das Herz schwer werden. Oder beides gleichzeitig. Da tut es gut, Werkzeuge parat zu haben, die helfen, uns wieder herauszuholen aus der Gedankenschleife und das Herz (und damit das Leben) wieder leichter zu machen. Solche Werkzeuge gibt es viele. Das „Innen-Leben“-Kartenset ist zum Beispiel so eines. 

Ich persönlich habe eine ganze Werkzeug-Kiste. Ich nenne sie gern meinen „Medizinschrank für die Seele“: eine Schatzkiste, die mit unterschiedlichen „Essenzen“ gefüllt ist, aus denen ich wählen kann – je nach Situation und Tagesverfassung. Manchmal hilft ein gutes Essen oder eine heiße Dusche. Ein anderes Mal eine Stunde im Freien, ein Spaziergang im Wald oder ein Tag am See. Oft heilt ein gutes Gespräch, ein liebes Wort, ein Telefonat, eine Umarmung (wenn sie denn möglich ist). Auch Tanzen wirkt heilsam: meditativ oder wild und lebendig. Überhaupt körperliche Bewegung. Und Musik: laut oder leise, langsam oder schnell, modern oder klassisch – je nachdem. Meine zwei persönlich wirksamsten Heilmittel sind aber eindeutig Yoga und Schreiben. Beides hilft (fast) immer.

Nachdem es für Yoga mehr Anleitung bräuchte, als ich hier geben kann, beschränke ich mich in diesem Blogbeitrag aufs Schreiben. Schreiben hat viele Facetten: Schreiben ist Kommunikation nach innen und außen. Schreiben kann trösten und heilen. Schreiben schafft Klarheit und eröffnet Ressourcen. Schreiben hilft beim Denken und beim Erinnern. Schreiben ist Genuss und kreatives Spiel mit Worten. 

Falls Sie jetzt denken: „Ich kann aber nicht schreiben.“ oder Erinnerungen an die Schule (und schlechte Deutsch-Noten) wach werden, kann ich Sie beruhigen. Erstens kann jeder Mensch schreiben, auch wenn sich der Mythos vom angeborenen Schreibtalent hartnäckig hält. Und zweitens ist Schreiben nicht gleich Schreiben. Es geht nicht immer ums Schreiben für die Außenwelt. Schreiben kann reiner Selbstzweck sein: Schreiben nur für sich selbst, zur Entspannung, zur Reflexion oder als heilsame Möglichkeit, mit der Vergangenheit Frieden zu schließen. Wie beim Tagebuchschreiben zum Beispiel. Oder beim Journalschreiben. (Wo der Unterschied liegt? Im klassischen Tagebuch geht es oft um ein Dokumentieren des Tages, der Ereignisse, vlt. auch der Gefühle. Im Journal geht es vorrangig um die Gefühle, um Reflexion, um eine Gedankensammlung, um eine Auseinandersetzung mit sich selbst und der Welt. Die Chronologie und tatsächliche Begebenheiten spielen im Journal nur eine untergeordnete Rolle.) Diese Art des Schreibens lässt uns innere und äußere Schätze entdecken. Wir tauchen schreibend ein in unser Inneres, sehen und spüren unsere Kraftquellen. Aber wir erkennen auch die Lichtmomente im Außen leichter. Die kleinen Freuden des Alltags. Sich dieser besonderen Augenblicke bewusst zu werden lenkt den Blick auf das Positive, auf die Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen- auch in Krisen-Zeiten.

Zudem hat Schreiben einen schöpferischen Aspekt. Schreibend können wir unsere Welt gestalten, Poesie ins Leben bringen. Das Wort „Poesie“ meint in der ursprünglichen griechischen Wortbedeutung nämlich „Erschaffung“: Beim Schreiben schaffen wir Neues, wir (er)finden Worte. Wir kultivieren einen schöpferischen Blick auf die Welt. Schreibend gehen wir in Resonanz mit der Umwelt und dem, was uns begegnet – ob Schönes oder Hässliches, ob Leichtes oder Schweres. So geben wir dem Leben eine kreative Dimension, mehr Tiefe und gleichzeitig mehr Leichtigkeit.

Wenn Sie für sich selbst schreiben, ist alles erlaubt. Es gibt kein Richtig oder Falsch. Es geht nicht um Grammatik, Rechtschreibung oder schöne Formulierungen. Freies Schreiben ist intuitiv, aus dem Bauch heraus. Ihre schreibende Hand bleibt in Bewegung, Sie lassen sich von ihr führen. Der Stift gleitet wie von allein übers Papier und schreibt Wörter und Sätze nieder. Und währenddessen macht sich meist schon eine Erleichterung bemerkbar. Weil Sie dabei Ihren Kopf leeren und Ihre Gedanken sich automatisch ordnen. Weil Sie Wut und Trauer loslassen am Papier. Oder weil Ängste und Unsicherheiten eine Kontur bekommen und somit klarer und greifbarer werden. Dazu braucht es nicht viel mehr als Stift und Papier und ein wenig ungestörte Zeit. Oft reichen bereits 10 Minuten, um sich danach freier und lebendiger zu fühlen. 

Es geht also „nur“ darum, den eigenen Gedanken und Gefühlen am Papier freien Lauf zu lassen. Und zu schauen, was passiert. Manchmal ist das vollkommen ausreichend. An anderen Tagen braucht es vielleicht ein bisschen Struktur, einen Impuls, eine Frage oder einen Anfangssatz, mit dem Sie beginnen. Das könnte zum Beispiel sein: „Wenn ich alles schreiben (oder tun) könnte, was ich wollte…“ oder einfach nur: „Heute fühle ich mich…“. Auch ein „Dankbarkeits-Tagebuch“ ist hilfreich: Ein kleines Heftchen, in das Sie jeden Abend drei Dinge schreiben, für die Sie an diesem Tag dankbar sind. Das können ganz kleine Sachen sein, wie das Zwitschern der Vögel am Morgen oder das Lächeln der Frau an der Supermarkt-Kassa, das – der Schutzmaske zum Trotz – über die Augen zu Ihnen kam… Es finden sich immer Momente, für die wir dankbar sein können, auch in den schwierigsten Zeiten. 

Einige Schreib-Impulse speziell für die Corona-Zeit habe ich hier zusammengestellt:
https://www.schreibraum.com/newsletter/schreib-impulse-zur-bewaeltigung-einer-besonderen-zeit/ Die Impulse verstehen sich als Anregung, die nach Belieben, je nach Situation und persönlichen Bedürfnissen, variiert und kombiniert werden können. Sie wissen ja bereits: Es gibt kein Richtig oder Falsch! 😉

Falls Sie noch mehr schreiben wollen oder Schreib-Impulse zu anderen Themen suchen, schauen Sie doch mal hier hinein: https://www.schreibraum.com/seiten/schreib-impulse-bestellen/archiv-schreib-impulse/ 

Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Schreiben. Möge es Sie entlasten und in die Leichtigkeit bringen!

Herzlich,
Alexandra Peischer


Alexandra Peischer ist Schreibtrainerin und -pädagogin, Coach und Unternehmerin. Weitere Informationen und Anregungen finden sich in ihrem schreib.raum

Quelle Beitragsfoto: Patrick Fore / www.unsplash.com

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